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Hätte man das wirklich anklagen dürfen?

Juli 23, 2012

In einer Strafsache war Anklage erhoben worden. Die Beweislage war dürftig. Es stand Aussage gegen Aussage. Die Behauptung des Anzeigeerstatters ließ sich nicht untermauern. Aussagekräftige Indizien, die die Darstellung des Angeklagten oder des Anzeigeerstatters stützten, gab es nicht.

Nun darf Anklage lediglich dann erhoben werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, es also beivorläufiger Würdigung der Beweislage wahrscheinlich ist, daß es im Rahmen der Hauptverhandlung zu einer Verurteilung des Beschuldigten kommen wird. Gerade bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen stellt die Rechtsprechung dabei hohe Anforderungen an die Beweiswürdigung, wenn hierauf eine Verurteilung gestützt werden soll. Der BGH spricht u.a. von einer „besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung“ (siehe u.a. BGH 1 StR 94/98, BGH 5 StR 127/10 sowie die Beiträge hier, hier und hier).

In der Hauptverhandlung gelangten dann alle Beteiligten zu dem Schluß, daß eine Straftat nicht erweislich war. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft führte in ihrem Plädoyer aus:

„Es läßt sich nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit feststellen, daß die angeklagte Straftat auch begangen worden ist.“

Auch wenn nicht sie selbst die Anklageschrift verfaßt hatte, zweifle ich nicht daran, daß es sich um einen Versprecher handelte und die Staatsanwältin nur ausführen wollte, daß es für eine Verurteilung nicht reichte. Dieser Versprecher brachte indes genau das zum Ausdruck, was mich von Beginn an gestört hatte: Eine Anklage hätte man hier nicht erheben dürfen.

RA Müller

Ein Kommentar

  1. Auch im hiesigen Sprengel behaupten Insider, die Staatsanwaltschaft sei nicht ausgelastet und klage daher alles an, was nicht schnell genug die Bäume hoch kommt. Einige offensichtlich nach dem Motto „Schaun mer mal“ geschriebene Anklagen erhärten diesen Eindruck. 😉



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