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Strafrecht? Das kann ja jeder…

November 22, 2010

Irgendwie hält sich in Anwaltskreisen hartnäckig der Glaube, daß man Strafrecht mal eben so nebenbei mit bearbeiten kann, schließlich sei Strafrecht ja eigentlich ganz eingängig und das Haftungsrisiko zudem gering.

Nicht selten fallen Mandanten dann allerdings auf die Nase, wenn ein solcher Verteidiger, der Strafrecht eher als Nebengebiet empfindet, die Revision aus formalen Gründen in den Sand setzt. Daneben gibt es viele Fehler, die bereits in erster Instanz unterlaufen können: Wenn der Verteidiger in erster Instanz nicht die Weichen für eine spätere Revision legt, dann können später die Angriffspunkte gegen das Urteil fehlen. Wird ein Beweisantrag gar nicht erst gestellt, kann das Gericht ihn auch nicht fehlerhaft bescheiden.

Das Strafrecht lebt wie kaum ein anderes Rechtsgebiet von prozessualen Vorschriften, die nicht selten zu Fallstricken werden. Zudem spielt die Musik im Gegensatz etwa zum Zivilrecht in der Hauptverhandlung, so daß Entscheidungen regelmäßig unverzüglich getroffen werden müssen. Hinzu kommt die Formstrenge, an der viele Anwälte scheitern (sei es etwa bei der Begründung einer Revision oder auch bereits dem Formulieren eines Beweisantrages).

Diese Formstrenge kann dabei auch den Anzeigeerstatter treffen:

Die Mandantin war angezeigt worden wegen der verschiedensten Delikte. Nach umfassenden Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren schließlich ein und begründete dies gegenüber dem Anzeigeerstatter auch in einem umfangreichen Einstellungsbescheid.

Über seinen Anwalt legte der Anzeigeerstatter Beschwerde gegen die Einstellung ein. Über mehrere Seiten hinweg begründete er, aus welchen Gründen eine Einstellung nicht hätte erfolgen dürfen.

Das Ende vom Lied: Das OLG Oldenburg hat die Beschwerde als unzulässig verworfen:

Das Antrag ist unzulässig, weil er nicht den Erfordernissen des § 172 Abs.3 S.1 StPO entspricht. Nach dieser Vorschrift muß der Antrag die Tatsachen, die die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die erforderlichen Beweismittel angeben. Die Antragsschrift muß deshalb zum einen eine geschlossene, aus sich heraus verständliche Sachdarstellung enthalten, die es dem Gericht ermöglicht, die Verfahrenseinstellung ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakte (…) rechtlich zu überprüfen. Aus dem Antrag selbst muß insbesondere ohne weiteres erkennbar sein, was dem Beschuldigten als strafbares Tun vorgeworfen wird. Zum anderen ist in der Antragsschrift der Gang des Ermittlungsverfahrens darzustellen.

Um es kurz zu machen: Die anwaltlich eingelegte Beschwerde ließ all dieses vermissen. Für anwaltliche Fehler ist also nicht nur im Zivilrecht viel Raum.

RA Müller

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