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Der „befangene“ Prüfer

Mai 29, 2012

Mein Mandant hatte eine Prüfung abgenommen. Einer der Prüflinge hatte sich zuvor bei ihm für einen Vorbereitungskurs angemeldet, diesen jedoch ohne Abmeldung nicht wahrgenommen. Bezahlt hatte er ebenfalls nicht, wobei er allerdings angefragt hatte, ob seine Zahlung dann nicht auf den nächsten Kurs angerechnet werden könnte.

Dann rasselte der Kandidat durch die Prüfung.

In der Folge erhielt mein Mandant ein Schreiben des nun anwaltlich vertretenen Prüflings:

Wegen der nicht bezahlten Forderung sei mein Mandant als Prüfer befangen gewesen. Hierauf habe er nicht gesondert hingewiesen. Die Prüfung sei daher unwirksam und zu wiederholen. Da mein Mandant den Hinweis auf die Befangenheit unterlassen und hierdurch die unwirksame Prüfung herbeigeführt habe, sei dem Prüfling ein Verdienstausfall entstanden, da er die Prüfung andernfalls bestanden hätte und dem Ausbildungsberuf hätte nachgehen können. Mein Mandant möge die Verpflichtung, den Verdienstausfall zu erstatten, zunächst dem Grunde nach anerkennen.

Klingt – in der Theorie – nach einem tollen Plan:

Ich schließe vor einer Prüfung irgendeinen Vertrag mit dem Prüfer, bezahle ihn nicht und bekomme hierdurch einen Freiversuch für die Prüfung. Gelingt die Prüfung, freue ich mich. Mißlingt die Prüfung, verweise ich auf die „Befangenheit“, dränge auf Wiederholung und verlange Schadenersatz.

Wäre da nicht die Rechtswirklichkeit…

  • … nach der eine nichtbezahlte Forderung nicht zwingend Befangenheit auslöst
  • … nach der die Berufung auf eine selbst herbeigeführte „Befangenheit“ unwirksam sein dürfte
  • … nach der zwischen der angeblichen „Befangenheit“ und dem Verdienstausfall Kausalität bestehen müßte
  • … nach der auch der Prüfling schadensmindernd auf die vermeintliche Befangenheit hätte hinweisen können

Man mag ja darüber nachdenken, ob es zulässig sein sollte, daß ein Prüfer in dem Fach, in dem er Prüfungen abnimmt, auch Vorbereitungskurse anbieten darf. Aber das gegnerische Anspruchschreiben ist derart abwegig, daß man sich fragen muß, ob der gegnerische Kollege seinen eigenen Vortrag ernst nimmt.

Nach welchem Streitwert der gegnerische Kollege wohl abgerechnet hat…

RA Müller

2 Kommentare

  1. Ganz einfach. Durch die verpfuschte Prüfung wurde das Leben der Person versaut so das sie nicht mehr in der Lage ist einer geregelten Tätigkeit nachzugehen. Mit Prüfung hätte die Person bis zum Renteneintritt Pro Monat mindestens 10k Euro verdient. Also 67 – Alter * 12 * 10k 😀


  2. Ich bitte Sie, werter Herr Müller.
    Wenn der Mandant die Rechnung bezahlt hätte, wäre dem Prüfer das als Bestechlichkeit ausgelegt worden. Und DANN wären Zukünfte zerstört worden. Man muss doch nicht päpstlicher als der Papst sein. Oder?
    Ich mache das nur so. Ich verärgere meine Prüfer durch Nichtbegleichen von Rechnungen (vergesse es, damit ich dann den fehlenden Befangenheits-Hinweis bemängeln kann) und habe dann immer jemanden, der Schuld hat. 😉



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