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Wenn die Presse vor der beabsichtigten Vorführung warnt

Oktober 23, 2012

In einem Strafverfahren, das sich über mehrere Hauptverhandlungstage erstreckt, war eine Zeugin trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht erschienen und hatte dem Gericht auch keine Nachricht über ihr Ausbleiben zukommen lassen.

Das Gesetz sieht in § 51 StPO insoweit vor, daß einem ausgebliebenen Zeugen die hierdurch verursachten Kosten auferlegt werden. Daneben kann ein Ordnungsgeld verhängt werden. Um das Erscheinen zum nächsten Termin zu sicher, kann zudem die Vorführung des Zeugen angeordnet werden. 

Vorliegend sollte die Polizei die Zeugin am Vormittag des nächsten Verhandlungstermins – für die Zeugin überraschend – aufsuchen und zum Gericht bringen. Das Gericht war dann allerdings verständlicherweise „not amused“ darüber, daß die Presse in einem nicht zu übersehenden Artikel von der beabsichtigten Vorführung berichtet hatte, die Zeugin also – zumindest wenn sie die Regionalzeitung liest – vorgewarnt war.

Die Vorführung der Zeugin ist dann übrigens tatsächlich gescheitert, wobei es dem Gericht allerdings noch gelungen ist, die Zeugin telefonisch zu erreichen und herbeizuzitieren.

RA Müller

4 Kommentare

  1. Stellen sich mir doch gleich mehrere Fragen.
    – Warum weiß die Presse das überhaupt, wer hat das ausgeplaudert?
    – Was ist so wichtig an der Zeugin, daß darüber in der Zeitung berichtet wird (saure Gurken Zeit?)?
    – Hat die Zeugin sich zu dem veräumten 1. Termin geäußert?
    – Hat die Zeugin den 2. Termin aufgrund der Presseveröffentlichung versäumt?
    Fragen über Fragen…


    • Ich verstehe das Problem nur zum Teil: Ärgerlich, wenn die Vorführung für die Zeugin überraschend sein sollte und die Überraschung durch die Veröffentlichung hin war. Aber: Es handelte sich ja – anscheinend – um eine öffentliche Verhandlung. Darüber kann dann nicht nur die Presse berichten, es kann doch durchaus auch sein, dass Zuschauer im Saal sind, die möglicherweise die Zeugin kennen und sie – auch ohne Zeitung – über die geplante Vorführung informieren. Das ist eine ganz normale mögliche „Nebenwirkung“ von Beschlüssen in öffentlicher Verhandlung, oder?


      • Ich hätte mir da von der Presse etwas mehr „Fingerspitzengefühl“ erhofft, schließlich ist die Vorführung an sich unspektakulär, so daß der Bericht darüber wohl kaum dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedient haben dürfte. Aber ja, verbieten kann man es der Presse wohl nicht.


    • Woher? Öffentliche Verhandlung, Presse anwesend.
      Wichtig? Aufsehenerregend war der Prozeß an sich. Die Sache mit der Vorführung war eher belanglos, hätte von der Presse also m.E. nicht berichtet werden müssen/sollen.



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