Rütteln an Polizeifahrzeug strafbar?
April 22, 2010Nach einem öffentlich übertragenen Fußballspiel hatten die Fußballfans ihrer Freude Ausdruck verliehen, indem sie an einer ganzen Straße entlang an den dort – langsam fahrenden – Fahrzeugen „gerüttelt“ hatten, so daß diese ins Schaukeln geraten waren. Keines dieser Fahrzeuge hatte hierdurch Schaden genommen, auch wenn die Fahrzeuginsassen alles andere als begeistert gewesen sein dürften.
An der Straße stand nun auch ein Fahrzeug der Polizei. Die ausgelassene Menge rüttelte auch an dem Polizeifahrzeug. Den Polizeibeamten darin war die Situation nicht ganz geheuer, wobei sich später in der Ermittlungsakte der Vermerk findet, daß die Stimmung der Fußballfans zunehmend aggressiv geworden sei. Die Beamten fürchteten gar, daß das Fahrzeug umkippen würde, stiegen aus und nahmen meinen Mandanten, der sich unter den „Rüttelnden“ befand, kurzerhand fest.
Deutlich später wird dann auch tatsächlich Anklage erhoben, wobei der Straftatbestand sonst eher ein Schattendasein führen dürfte: „Versuchte Zerstörung eines Polizeifahrzeuges„. In solchen Momenten wundert man sich, für welche Sonderfälle eigene Straftatbestände geschaffen worden sind. Studiert man die seinerzeitigen Gesetzgebungsmaterialien, so ergibt sich, daß die Vorschrift eingefügt worden ist, um neueren Formen gewalttätiger Sabotageakte entgegenzuwirken.
Also sollte mein Mandant einen neuartigen, gemeinschaftsschädlichen Sabo-tageakt unternommen haben?
Mein Mandant beteuerte, daß er das Fahrzeug keinesfalls „zerstören“ oder auch nur umstürzen wollte. Er könne gar nicht verstehen, daß die Polizei das Rütteln als bedrohlich aufgefaßt habe. Das Fahrzeug sei auch zu keinem Zeitpunkt derart geneigt gewesen, daß er ein Umkippen des Fahrzeuges auch nur für halbwegs realistisch gehalten habe.
Tatsächlich hatte das Polizeifahrzeug nicht den geringsten Schaden genommen. Aus Sicht der Verteidigung bemerkenswert ist, daß eine nahezu lückenlose Bilddokumentation vorlag, da ein vor Ort anwesender Zeitungsreporter die Geschehnisse in einer Vielzahl von Bildern festgehalten hatte. So war auf keinem Bild zu sehen, daß das Fahrzeug sich in einer nennenswerten Schräglage befunden hatte. Auch konnte nicht sehr viel Zeit vergangen sein zwischen „fröhlicher Stimmung“ und „Festnahme“, da nur wenige Minuten dazwischen lagen.
Aber selbst wenn das Fahrzeug umgestürzt wäre: Hätte es ich um ein „teilweises Zerstören“ eines Polizeifahrzeuges im Sinne des Gesetzes gehandelt?
Fragen über Fragen, die dieses Verfahren nicht mehr beantworten wird, da es in der Hauptverhandlung eingestellt worden ist.
RA Müller
[…] Rüttler und die Polizei 22.04.2010 | | 0x Rechsanwalt Müller berichtet hier über einen Mandanten, dem zur Last gelegt wird, im Übermut an einem Polizeifahrzeug […]
von Der Rüttler und die Polizei | J. Sokolowski - Rechtsanwalt Strafrecht - Fachanwalt f. Sozialrecht April 22, 2010 at 14:59[…] verstehen (Einfluss übelster Drogen mal ausgenommen), weshalb eh schon überlastete Gerichte mit so etwas geflutet werden. Aber Polizist wird man ja eh aus bestimmten Motiven, da sollte dies nicht wundern. […]
von Nicht an der Staatsmacht rütteln! April 22, 2010 at 20:09[…] wissen will, ob das Rütteln an Polizeifahrzeugen strafbar ist, kann hier mal […]
von LexisNexis® Strafrecht Online Blog » Blog Archiv » Wochenspiegel für die 16. KW, – oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand April 27, 2010 at 10:59[…] Müller berichtet hier über einen Mandanten, dem zur Last gelegt wird, im Übermut an einem Polizeifahrzeug […]
von Der Rüttler und die Polizei | Strafverteidiger März 28, 2019 at 18:44