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Abwrackprämie und SGB II

Juli 5, 2011

Die sogenannte Abwrackprämie ist längst Geschichte, beschäftigt das eine oder andere Gericht aber noch immer. Spannend war die Frage, ob die Umweltprämie auf die Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) anzurechnen ist.

Die ARGEn (heute Jobcenter) vertraten regelmäßig die Auffassung, daß die Sozialleistungen um die erhaltene Abwrackprämie zu kürzen seien.

Dagegen sprach, daß nach dem Gesetz Einnahmen dann nicht als Einkommen anzurechnen sind, wenn sie

  • einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dient und
  •  die Lage des Leistungsmepfängers nicht derart günstig beeinflußt, daß daneben Leistungen nach dem SGB II ungerechtfertigt wären

Die Abwrackprämie fußte auf der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen vom 20.02.2009, wonach es Ziel der Förderleistung ist,

 „die Verschrottung alter und den Absatz neuer Personenkraftwagen zu fördern“.

Durch die Verschrottung alter Fahrzeuge sollten Schadstoffemissionen reduziert werden. Daneben soll die Nachfrage nach neuen Fahrzeugen und damit die Konjunktur gestärkt werden. Der Gesetzgeber hat mithin die Zweckbestimmung der Abwrackprämie hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Man kann nun trefflich dahingehend argumentieren, daß die Leistungen nach dem SGB II gerade nicht gezahlt werden, um „außerplanmäßig“ ein Neufahrzeug zu erwerben und hierdurch Schadstoffemissionen zu reduzieren.

Die Jobcenter wollten sich dann teilweise mit einem „Trick“ behelfen. Sie verwiesen nämlich darauf, daß die Abwrackprämie erst ausgezahlt wurde, nachdem das Neufahrzeug gekauft (und bezahlt) worden war. Die Prämie konnte also – so die Logik einiger JobCenter – nicht für den Kauf des Fahrzeuges eingesetzt worden sein. Diese Argumentation ist besonders raffiniert vor dem Hintergrund, daß vor Auszahlung der Abwrackprämie stets belegt werden mußte, daß ein Neufahrzeug (mit bestimmter Emissionsgüte) angeschafft worden war, dann also stets eine Anrechnung der Prämie auf die SGB II-Leistungen erfolgen durfte.

Da viele SGB II-Empfänger sich in Erwartung der Abwrackprämie ein Darlehen aufgenommen hatten, um dieses dann später zumindest anteilig mit das Abwrackprämie zurückzuzahlen, standen diese im Regen. Sie finanzierten das Neufahrzeug vor und durften die Abwrackprämie dann zum Lebensunterhalt verwende, da ihre Leistungen gekürzt wurden.

Die Rechtsprechung der Sozialgerichte war zu der Frage der Anrechnung nicht ganz einheitlich. Die ganz überwiegende Rechtsprechung lehnte eine Anrechnung der Prämie jedoch ab. Zwei Verfahren gelangten schließlich zum BSG, wobei die Behörde dort  die Rechtsmittel gegen die für sie ungünstigen Urteile zurücknahm. Man darf davon ausgehen, daß dem deutliche Worte des Gerichts vorausgegangen waren.

Die Mandanten, die ich vor dem Sozialgericht Aurich vertreten habe, dürfen die Abwrackprämie jetzt ohne Anrechnung auf die SGB II-Leistungen behalten. Das JobCenter hat den  Klageanspruch anerkannt und entsprechende Nachzahlungen angekündigt.

Ende gut, alles gut 🙂

RA Müller

 

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