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Das Strafverfahren, das es gar nicht gibt

Juli 22, 2013

Die Mandantin fiel aus allen Wolken:

Sie hatte ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Köln „wegen Verdacht des Betruges“ erhalten. Angeblich habe sie „mit internationalen Vorkassen/Telefonbetrügern in Verbindung“ gestanden. Sie möge sich innerhalb von sieben Tagen zu dem Vorwurf äußern und eine Kölner Telefonnummer anrufen.

Statt in Köln rief die Mandantin bei mir an und übersandte mir das Behördenschreiben. Dieses trug einen offiziellen Briefkopf der Staatanwaltschaft Köln (incl. Wappen, Aktenzeichen, angeblicher Unterschrift eines Oberstaatsanwalts, Angaben zu den Öffnungszeiten der Behörde, Hinweis auf Einlaßkontrollen am Eingang etc.).

Besah man sich indes den individuellen Teil des Schreibens, so ließ sich feststellen, daß der Verfasser sichtlich auf Kriegsfuß mit der Rechtschreibung stand. Zu nennen ist etwa der Hinweis auf den laufenden „Straffprozess“, auch wenn diese Wortwahl angesichts der Dauer vieler Strafverfahren vielleicht noch als freudsche Fehlleistung verstanden werden konnte. Endgültig skeptisch durfte man indes angesichts der Tatsache sein, daß für den Verfasser die Großschreibung von Substantiven Terra incognita darstellte.

Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft keinen Federstrich zu diesem Schreiben beigetragen, so daß mir die Staatsanwaltschaft bestätigte, daß es sich um eine Fälschung handele und man ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet habe.

Merke:  Nicht jedes Schreiben, das mit „Staatsanwaltschaft Köln“ überschrieben ist, kommt auch von der Staatsanwaltschaft Köln.

RA Müller

4 Kommentare

  1. Wer geht denn ans Telefon, wenn ich die im Schreiben angegebene Telefonnummer wähle? Ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt wegen Amtsanmaßung, Betrug, Urkundenfälschung und vielleicht noch weiteren Delikten?

    Klar: Für den Strafverteidiger der Frau ist das nicht so von Interesse. Für Leser: Schon 🙂


    • Ich gestehe: Eine gewisse Neugierde empfinde ich auch. Diese reicht aber nicht aus, um selbst dort anzurufen. Da die Mandantin auch nicht angerufen hat, kann ich dazu derzeit keine Angaben tätigen.

      Und ja, die StA ermittelt wohl wegen der von Ihnen genannten Delikte gegen Unbekannt. Man darf sich gespannt zeigen 🙂


  2. Können Sie wenigstens die Vorwahl verraten, ohne gegen Datenschutzbestimmen zu verstoßen?
    Manchmal sind Rufnummern „maskiert“, man sieht ihnen den teuren Minutentarif nicht an.
    z.B. 0 0621 123 45 67 sieht auf den ersten Blick aus, wie die Vorwahl von Mannheim (0621).
    Wenn man aber die Doppelnull am Anfang berücksichtigt, ist das eine Nummer in Indonesien (0062). Und wenn sich dahinter noch ein „Premiumdienst“ verbirgt (Premium sind nur die Kosten, nicht der Dienst), dann wird mit jedem Anruf auf dieser Nummer richtig viel Geld verdient.



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