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Polizeiliche Anstiftung zu einer Straftat?

Januar 12, 2015

Die Polizei, dein Freund und Helfer. In einem Fall wollte die Polizei dem Mandanten tatsächlich nach Kräften helfen. Er befand sich in Beweisnot. Laufend sah er sich wüsten Beschimpfungen des Gegners ausgesetzt. In der Regel war indes kein Zeuge zugegen, da der Gegner die Äußerungen nur tätigte, wenn er mit dem Mandanten allein war. Der Mandant teilte mir daher mit, daß er beabsichtigte, die Äußerungen des Gegners fortan heimlich aufzuzeichnen, um das Tonband sodann der Polizei vorzulegen.

Ich meldete Bedenken an und wies darauf hin, daß die unbefugte Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes unter Strafe steht, § 201 StGB. Der Mandant müßte zudem damit rechnen, daß das Tonband als Beweismittel gegen den Gegner nicht zugelassen werden würde, so daß er durch sein Handeln kein Beweismittel, wohl aber ein – gegen ihn selbst gerichtetes – Strafverfahren „gewinnen würde“ hätte.

Der Mandant sah mich fragend an. Ein Tonbandgerät habe er bereits. Das habe er leihweise von der Polizei erhalten, um die Aufnahmen zu fertigen. Er habe sich aber auch schon gewundert, ob das auch tatsächlich zulässig sei. Aber wenn die Polizei ihm dazu rate…

Es wäre sicherlich heiter, wenn das Tonbandgerät der Polizei nach § 201 Abs.5 StGB eingezogen und vernichtet werden würde 😉

RA Müller

4 Kommentare

  1. Ob sich der Mandant tatsächlich strafbar machen würde erscheint mir mehr als fraglich. Denn im Moment der Aufnahme liegt mit der Beleidigung ein vorsätzlicher, rechtswidriger Angriff auf die persönlich Ehre des Mandanten und damit eine Notwehrlage im Sinne des § 32 StGB vor. Laut Fischer „sind in beschränktem Umfang Handlungen zur Erlangung von Beweismitteln für Scheidungs- und Strafverfahren“ befugt (Fischer, StGB, 61. Auflage 2014, § 201 Rn. 11). Als Beispiele werden dort „Aufnahmen von Anrufern zur Abwehr krimineller Handlungen“, „bei Stalking (§238) oder sonstigem ‚Telefonterror'“ genannt (Fischer, a.a.O.).

    th


  2. Sehe ich ebenfalls so. Zudem ist die Tonbandaufnahme einzigstes Mittel, um die fortgesetzte Beleidigung zu beweisen und der weiteren Fortsetzung wirksam entgegenzuwirken. Aber … vor Gericht und auf hoher See … 😉


  3. Da kann ich mich nur anschließen. Abgesehen davon könnte man auch überlegen, ob der Mandant sich nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden hat, wenn selbst das KK so nett ausgeholfen hat…


  4. Die Frage ist, ob man sich auf den Streit über die Strafbarkeit der heimlichen Tonbandaufnahme einlassen möchte, wenn die Bedenken betreffend die Verwertbarkeit einer solchen Aufnahme erheblich sind.
    Zugegeben scheint (u.a.) das BAG bei der Frage der Verwertbarkeit auf eine relativ offene Abwägung zwischen dem Interesse des Aufnehmenden und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Aufgenommenen abzustellen.
    Die Vorgaben des BVerfG (Beschl. v. 31.01.1973 – 2 BvR 454/71) klingen merklich strenger. Dort wird gefordert, daß „zwingende Interessen der Allgemeinheit“ die verwertung gebieten. Die Verfolgung von Straftaten soll hierunter erst ab einer gewissen Erheblichkeitsschwelle fallen. Das BverfG erwähnt in diesem Zusammenhang den Katalog aus 100a StPO, ohne darüber zu befinden, ob die Grenze der Verwertbarkeit tatsächlich an dieser Stelle zu ziehen ist. Es dürfte aber naheliegend sein, daß jedenfalls Straftaten wie im privaten Umfeld begangene Beleidigungen erheblich genug sind, die Verwertbarkeit heimlicher Tonbandaufnahmen zu rechtfertigen.

    Folgefrage: Kann die Herstellung einer heimlichen Tonbandaufnahme (strafrechtlich) damit gerechtfertigt werden, ein Beweismittel herzustellen, wenn dieses doch tatsächlich gar nicht verwendet werden darf? Verneint man diese Frage, ist das Strafbarkeitsrisiko (abgesehen von dem Irrtum durch die polizeiliche Aufforderung) durchaus gegeben.

    Als Anwalt habe ich es jedenfalls vorgezogen, Möglichkeiten aufzuzeigen, auf unstreitig legalem Weg an Beweismittel zu gelangen. 🙂



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