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„Sie haben mir nicht zu sagen wie ich zu ermitteln habe!“

Februar 27, 2012

Ich vertrete eine Mandantin in einer Strafsache. Die Mandantin hatte einen Anhörungsbogen von einer auswärtigen Polizeidienststelle erhalten und zog es vor, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Also beantragte ich wie üblich Akteneinsicht und wies darauf hin, daß meine Mandantin gegenüber der Polizei keine Angaben tätigen wird, um gegebenenfalls nach Akteneinsicht über mich eine Einlassung abzugeben.

Prompt erhielt ich einen Anruf des ermittelnden Polizeibeamten, der mich befragte, mit wem meine Mandantin zusammenlebe, ob sie weitere Wohnadressen habe etc.

Die erste Frage blockte ich unter Hinweis auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht freundlich aber bestimmt ab, was den Polizeibeamten nicht daran hinderte, weitere Fragen zu stellen, auf die ich ihm zu seinem merklichen Verdruß ebensowenig antworten durfte. Dies führte schließlich zu der leicht trotzig klingenden Reaktion:

„Die Akte gebe ich erst an die Staatsanwaltschaft, wenn die Sache ausermittelt ist. Dazu muß ich mit ihrer Mandantin sprechen. Wenn Sie mir nichts sagen wollen, dann muß ich ihre Mandantin eben selbst aufsuchen.“

Mein deutlich frostiger gehaltene Hinweis darauf, daß meine Mandantin nur über mich Erklärungen abgeben und vorher keinerlei Angaben zur Sache machen wird, so daß die Polizei von Vernehmungsversuchen Abstand nehmen möge, wurde wie folgt beantwortet:

„Sie haben mir nicht zu sagen wie ich zu ermitteln habe!“

Die Wahrung von Beschuldigtenrechten scheint nicht zu dem Standard-Repertoire des Anrufers zu gehören. Da fürchtet wohl jemand, daß ihm die Felle davonschwimmen, wenn er nicht bald eine Aussage bekommt.

RA Müller

3 Kommentare

  1. Dieser Beitrag stimmt mich insofern besorgt, wenn ich daran denke, wie dann mit Beschuldigten oder Verdächtigen umgegangen wird.
    Ich hoffe, das Verhalten des Polizeibeamten ist nicht zu verallgemeinern und nur ein stress-bedingter Ausrutscher.


    • Ja, ich hoffe auch auf den Ausrutscher.

      Und vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt: Meine Mandantin ist in dem Verfahren (Mit-)Beschuldigte.


  2. Ich mag die Aussage des Beamten. Sofern ihre Mandantin keine Aussage macht kommt es nicht zur Anklage. So kann ihre Mandantin locker bis zur Verjährung durchhalten 🙂



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