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„Ihr Verhalten merke ich mir!“

April 19, 2012

Ach, wie entgegenkommend Versicherer doch sein können. Die Mandantin hatte unverschuldet einen Verkehrsunfall erlitten, war dringend auf ein Kfz angewiesen und hatte durch den gegnerischen Versicherer die Zusage erhalten, daß dieser für ein Mietfahrzeug aufkommt … für zunächst ganze drei Tage.

Es liegt auf der Hand, daß dieser Zeitraum niemals ausreicht, einen Sachverständigen zu beauftragen, das Gutachten zu erhalten, dieses an den gegnerischen Versicherer weiterzuleiten und von diesem den Schadensbetrag zu erhalten, um dann ein Ersatzfahrzeug zu erwerben.

Um die Angelegenheit zu vereinfachen, rief ich im Beisein der Mandantin den Sachbearbeiter des Versicherers an, welcher sogleich bekundete, sich unverzüglich um die Verlängerung des Mietfahrzeugvertrages kümmern zu werden. Ja, die Mandantin hätte den Mietwagen auch selbst anmieten können. Aber da der Versicherer mit dem Fahrzeugvermieter wohl Sonderkonditionen vereinbart hatte, hatte ich keine Bedenken, wenn diese zum Tragen kamen. Schließlich wirkten sich diese nicht zum Nachteil meiner Mandantin aus.

Der Sachbearbeiter rief mich dann auch umgehend zurück: Das Vertrag über das Mietfahrzeug sei zunächst um weitere sieben Tage verlängert worden.

An dieser Stelle hätte das Telefonat beendet sein können. War es aber nicht.

Der Sachbearbeiter erkundigte sich, ob er gleich auch einen Sachverständigen zum Fahrzeug schicken solle. Ich erwiderte, für die Mandantin bereits einen Sachverständigen beauftragt zu haben, welcher sich unverzüglich das Fahrzeug besehen werde.

Man ahnt gar nicht, wie schlagartig bei diesen Worten die Stimmung umschlug. Jetzt sei er mir schon mit dem Mietfahrzeug entgegengekommen! Da hätte ich ihm doch mit dem Sachverständigen entgegenkommen können. Der Versicherer wolle den Sachverständigen gerne selbst bestimmen.

Auf meinen Hinweis, daß eher mein Anruf ein Entgegenkommen war und ich keine Veranlassung sehe, einem Mandanten zu raten, den gegnerischen Versicherer den Sachverständigen bestimmen zu lassen, erfolgte der trotzige Hinweis:

„Ihr Verhalten merke ich mir.“ 

Das hat mich ganz eingeschüchtert zurückgelassen. Das hat mich nur noch darin bestärkt, einen Sachverständigen in Unfallsachen nicht durch den gegnerischen Versicherer bestimmen zu lassen. Der Versicherer wird schon wissen, warum er die Beauftragung des Sachverständigen derart forciert. Mit den Interessen des Geschädigten wird das im Zweifelsfall wenig zu tun haben…

RA Müller

3 Kommentare

  1. „Herr Rechtsanwalt, das kommt in unsere Akte über Sie!“
    „Was wird die Führung über Sie denken?“
    „Befürchten Sie keine Nachteile für Ihr berufliches Fortkommen?“
    „Was werden Ihre Nachbarn und Arbeitskollegen davon halten?“
    „Sie sollten aufpassen!“


    • Ich sehe, der Versicherer hätte noch schwerere Geschütze auffahren können 😉


  2. Was die Richter an den deutschen Gerichten in ihren Urteilen für unterschiedliche und der Allgemeinheit unverständliche Urteile und Begründungen von sich geben, ist oft den Erzählungen von Till Eulenspiegel zu zu ordnen. Häufig bleibt da nur ein Kopfschütteln.

    Die Wort-Witzigkeiten, die man da spaßhalber belächeln kann, sind traurig genug. In Deutschland ist die Justiz und auch der Justizvollzug schon lange nicht mehr in Ordnung.



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