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Streit um 17,50 €

April 30, 2012

Die Bußgeldstelle war außergewöhnlich hartnäckig.

Unstreitig hatte der Mandant eine fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Er wehrte sich allerdings dagegen, daß der Regelsatz des Bußgeldes „wegen einer Voreintragung“ um 17,50 € erhöht worden war. 

Die einzige Voreintragung bezog sich auf die Benutzung eines Mobiltelefons während des Führens eines Kfz. Auf die entsprechende Einspruchsbegründung übersandte die Bußgeldstelle belehrend einen Kommentarauszug, wonach bei „gleichartigen“ Verstössen eine Erhöhung des Regelsatzes geboten sei, wenn nur durch das höhere Bußgeld die erforderliche Einwirkung auf den Betroffenen zu erreichen sei.

Man mag bereits bei dem „gleichartigen Verstoß“ einhaken, um den es sich hier sicherlich nicht handelt. Aber selbst, wenn man davon ausgeht, daß ein gleichartiger Verstoß bei Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht zwingend erforderlich ist: Warum soll denn bitte ein um 17,50 € erhöhtes Bußgeld den Betroffenen deutlich stärker beeindrucken als der Regelsatz von 70,- €?

Das Gericht hat dann auch korrigierend eingegriffen und die von der Bußgeldstelle festgelegte Erhöhung des Regelsatzes entfallen lassen.

Ob sich ein solcher Aufwand „lohnt“, mag nun jeder für sich selbst entscheiden. Andererseits: Sollte man jede ersichtlich unberechtigte Erhöhung eines Bußgeldes einfach hinnehmen?

RA Müller

10 Kommentare

  1. Ich hätte die Regelgeldbuße um 35€ erhöht; vielleicht wäre das geeignet, den Betroffenen und seinen Verteidiger zu beeindrucken.


    • Ich darf es Ihnen im Vertrauen sagen: Den Verteidiger hätte es vergleichsweise unbeeindruckt gelassen.


  2. Ja, soll man. Im Namen des Volkes. Immerhin sind die Beamten demokratisch legitimert.


    • Ämm, darf ich Ihnen den Unterschied zwischen Exekutive und Legislative erklären? Nein? Ach so, Sie verstehen es eh nicht. War klar…..


  3. Fürs Überfahren einer roten Ampel im Jahr 2004 hatte die Verkehrsbehörde mein Bußgeld um 100% (!) erhöht, wegen vorheriger „gleichartiger Verstöße“. Flensburg-Auszug wies aber nur 2 x Geschwindigkeitsübertretung aus. Ich nur einfachen Satz überwiesen. Behörde antwortete mit Klage. Richter am Amtsgericht: „Die Behörde darf das, weil das gleiche Verstöße sind.“ Weil ich aber den einfachen Satz sofort überwiesen hatte, attestierte er bei mir Einsicht und stellte das Verfahren ein.


    • Auch ein schönes Beispiel 🙂 Auch wenn die Begründung des Gerichts abweicht: Das Ergebnis stimmt.


      • Ich wollte dann auch keine Grundsatzdiskussion mehr anzetteln, um am Ende doch noch zum doppelten Bußgeld verdonnert zu werden.


        • Davon hätte ich Ihnen auch ganz dringend abgeraten. Grundsatzdiskussionen in einem Bereich, in dem ein Richter relativ beliebig schalten und walten kann, sind selten förderlich…


  4. Muss der Autofahrer dann die Kosten für den RA und das Verfahren tragen oder übernimmt sowas die Rechtschutzversicherung?


    • Die Kosten übernimmt – sofern vorhanden – der Rechtsschutzversicherer.



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