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Der Zeuge, das unbekannte Wesen

September 20, 2019

Es ging um eine Unfallangelegenheit. Zwei Fahrzeuge waren miteinander kollidiert und jeder Fahrer wies dem jeweils anderen die alleinige Schuld an dem Unfall zu. Der Gegner konnte eine Schulfreundin, die sich als Beifahrerin in seinem Fahrzeug befunden hatte, als Zeugin aufbieten. Meinem Mandanten stand leider kein Zeuge zur Verfügung. Er berief sich zum Nachweis des Unfallherganges daher auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Der Zeuge wird als das häufigste aber auch unzuverlässigste Beweismittel bezeichnet. Wenn man nach so manchem Verkehrsunfall die Zeugen anhört, kann angesichts der ganz unterschiedlichen Aussagen das Gefühl aufkommen, daß die Zeugen ganz verschiedene Unfälle wahrgenommen haben müssen. Im vorliegenden Fall war es nun so, daß der Richter mit Zustimmung der beteiligten Anwälte gleich das Sachverständigengutachten zur Unfallrekonstruktion in Auftrag gab. Dieses versprach den größeren Erkenntnisgewinn als eine Zeugenaussage, nach der dann voraussichtlich ohnehin noch ein Gutachten einzuholen sein würde.

Leider sollte sich herausstellen, daß die Version meines Mandanten nach Auffassung des Sachverständigen zwar lebensnah war, aus technischer Sicht allerdings auch die Unfalldarstellung des Gegners darstellbar war.

Auf dieser Grundlage war absehbar, daß das Urteil 50:50 ausgehen würde, mein Mandant also den hälftigen Schaden erstattet bekommen würde, Hierauf hätte sich mein Mandant in dieser Prozeßlage auch verständigt, drohte doch noch die Zeugenaussage der gegnerischen Zeugin. Wenig überraschend wollte sich der Gegner nicht vergleichen und bestand darauf, daß seine damalige Beifahrerin noch als Zeugin zu vernehmen war. Sie werde seine Darstellung bestätigen.

Die Vernehmung der Zeugin hat nun stattgefunden. Wenig erfreut wird der Gegner gewesen sein, daß die von ihm benannte Zeugin seinen Angaben wiedersprach und den Unfallhergang im Wesentlichen so schilderte wie mein Mandant. Nach dieser Zeugenaussage ist mein Mandant nicht mehr bereit, sich auf 50% zu verständigen.

RA Müller

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