Mein Mandant wurde beschuldigt, den Anzeigeerstatter verletzt zu haben. Es hatte zwar neben dem Anzeigeerstatter kein Zeuge den angeblichen Übergriff gesehen und mein Mandant schilderte das Geschehen völlig anders. Aber aufgrund der Tatsache, daß der Zeuge tatsächlich Verletzungen aufwies, wurde mein Mandant schließlich angeklagt, woraufhin ich die Verteidigung übernahm.
Wie es der Zufall so wollte, wußte ich aus einem anderen Strafverfahren, in dem ich als Verteidiger tätig war, daß der Anzeigeerstatter unmittelbar vor dem Zusammentreffen mit meinem Mandanten in eine andere körperliche Auseinandersetzung verwickelt war. Der Anzeigeerstatter hatte allerdings vermutlich keine Ahnung, daß ich die dortige Strafakte kannte, da er dort als Zeuge verhindert war und auf ihn verzichtet werden konnte.
Zu der vorherigen Auseinandersetzung gab er in der nunmehrigen Hauptverhandlung an, daß es ihm gegenüber dort zu keinerlei Tätlichkeiten gekommen sei. Er habe sich nur verbal daran beteiligt. Die später festgestellten Verletzungen müßten daher zwingend auf das Zusammentreffen mit meinem Mandanten zurückzuführen sein.
Mir lag indes das Hauptverhandlungsprotokoll aus dem anderen Strafverfahren vor. Darin hatten sämtliche beteiligten Freunde des Anzeigeerstatters als Zeugen ausgesagt, daß der Anzeigeerstatter sich gerauft habe bzw. geschlagen worden sei. Zudem hatte ich im Auftrage meines Mandanten noch einen Zeugen benannt, welcher ebenfalls bestätigen konnte, daß der Anzeigeerstatter an der vorherigen körperlichen Auseinandersetzung aktiv beteiligt gewesen war.
Ertappt.
Die Verhandlung gegen meinen Mandanten endete mit einem verdienten Freispruch. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das Verfahren gegen meinen Mandanten ebenso ausgegangen wäre, wenn das vorherige Strafverfahren noch nicht stattgefunden hätte.
RA Müller